Die Treibhausgasemissionen (THG) müssen sinken, um die Auswirkungen des Klimawandels und die weitere Erderwärmung zu begrenzen. Deshalb braucht es Messungen, die die Entwicklung aufzeigen.

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Transparenz im Transport: Detaillierte Emissionsdaten dank ISO 14083

30.04.2025

Im Jahr 2013 trat die DIN EN ISO 16258 in Kraft. Die europäische Norm gibt die Standards vor, mit denen die Treibhausgasemissionen im Transportsektor zu erfassen sind. An ihre Stelle tritt nun die 2023 veröffentlichte, umfassendere ISO 14083.

Laut Umweltbundesamt stieg der Anteil des Verkehrssektors an den Gesamtemissionen in Deutschland im Jahr 2022 auf 20 Prozent, weltweit verursachten Güterverkehr und Logistik 2023 etwa 10 Prozent der Treibhausgasemissionen. Bei dieser umfassenderen Betrachtung setzt die neue ISO14083 an: Sie gilt für multimodale, globale Transportketten und zieht nicht nur die Emissionen aller Verkehrsträger heran, sondern auch die an den HUBs. Reduzierungen aus dem THG-Emissionshandel dürfen nicht einbezogen werden.

Erst die Erfassung, dann der Report

Ein Hebel, um Unternehmen für das Thema Treibhausgas zu sensibilisieren und zu Verhaltensänderungen zu motivieren, ist die von der EU verabschiedete „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD). Für diese Nachhaltigkeitsberichterstattung, zu der Unternehmen ab einer bestimmten Größe verpflichtet sind, gehört selbstverständlich auch der Nachweis über die verursachten Emissionen. Insbesondere Stückgutnetze, die mit verschiedenen Unternehmen und Subunternehmen zusammenarbeiten, stellt das vor große Herausforderungen. Für solche Fälle, in denen die eindeutige Zuordnung schwierig ist, können statt der „Primärdaten“, also den echten Daten, „Sekundärdaten“ genutzt werden. Die Arbeit mit diesen modellierten, repräsentativen Daten ist laut der aktuellen Fassung der ISO 14083 zulässig.

Verifiziert, validiert oder zertifiziert?
Während eine Zertifizierung die Einhaltung von Normen kontrolliert, wird bei einer Verifizierung geprüft, ob die ermittelten Daten und die berechneten Ergebnisse richtig sind. Diese Überprüfung durch unabhängige Dritte wie z.B. TÜV oder DEKRA ist eine zusätzliche Sicherheit für Wirtschaftsunternehmen und Behörden. Obwohl der Gesetzgeber die Verifizierung nach ISO 14083 noch nicht vorschreibt, sind die Vorteile offensichtlich. Von Validieren spricht man bei Aussagen und Daten, die sich auf zukünftige Ereignisse beziehen. Dabei geht es darum, die prognostizierten Daten auf Plausibilität zu prüfen.

Inzwischen stehen verschiedene Berechnungstools für die Emissionserfassung zur Verfügung. Online Systemlogistik hat sich für die Nachhaltigkeits-Management-Plattform des Unternehmens Waves S.à r.l. entschieden. Die Berechnungen von Waves sind TÜV-zertifiziert, basieren auf der Norm ISO 14083 und erfüllen die aktuellen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD). Mit der CSRD lassen sich die ESG-Indikatoren – ecological (ökologisch), social (sozial), governance (Unternehmensführung) – zuverlässig berechnen.

Echte Daten als Berechnungsgrundlage

„Die meisten unserer Kunden nutzen die Option, mit Sekundärdaten zu arbeiten, um den Aufwand zu reduzieren“, erklärt Florian Bender, Head of Sales bei Waves S.à r.l. „Eine Ausnahme ist hier das Stückgutnetz Online Systemlogistik. Mit sehr viel Einsatz, insbesondere des Qualitätsmanagement-Teams um Projektleiterin Marcella Rennecke, ist es gelungen, dass wir nahezu komplett mit echten Daten arbeiten und nicht mit ungefähren Schätzungen, die einmal für einen Durchschnitts-LKW mit einem Durchschnittsgewicht und einem Durchschnittskraftstoff ermittelt wurden. Das erlaubt eine sehr viel exaktere Aussage über die tatsächlichen Emissionen für maximale Transparenz und Vergleichbarkeit.“

Um die THG-Emissionen auf Sendungsebene anhand von echten Daten berechnen zu können, hat Online Systemlogistik die Stammdaten aller Fahrzeuge aller Partner erfasst. Abgefragt wurden dafür der Fahrzeugtyp – vom Transporter über LKW bis zum Sattelzug –, das zulässige Gesamtgewicht – von 3,5 bis 72 Tonnen – und der eingesetzte Kraftstoff – Benzin, CNG, Diesel, LNG/Bio-LNG, Strom/Öko-Strom. Diese realen Daten wurden an Waves weitergegeben, und zwar sowohl für die Hauptläufe – also die Verkehre zwischen allen 94 OSL-Partnern und dem Zentral-HUB in Schlitz bzw. zwischen den Partnern und den drei Regional-HUBs – als auch für die Vor- und Nachläufe. Hinzu kommen ggf. die Daten über die zurückgelegte Strecke; wenn echte Daten für den Kraftstoffverbrauch einer Tour vorliegen, wird die Angabe der zurückgelegten Distanz für die Berechnung nicht benötigt.

Wichtige Abkürzungen und Unterschiede auf einen Blick
THG/GHG: Treibhausgas / greenhouse gas
TO: Transportvorgang (transport operation)
TOC: Transport-Vorgangskategorie (transport operation category)
TCE Transportkettenelement (transport chain element)
HO: HUB-Vorgang (hub operation)
HOC: Hub-Vorgangskategorie (hub operation category)
GCD: Luftlinie, kürzeste Distanz (great circle distance)
SFD: kürzeste realisierbare Distanz (shortest feasible distance)
Alte Norm: ISO 16258 Neue Norm: ISO 14083
Well to Wheel (WTW) Gesamte THG Emissionen
Individuelle Messwerte Primärdaten
Tank to Wheel (TTW) THG Emissionen aus dem Betrieb
Well to Tank (WTT) THG Emissionen aus der Energiebereitstellung
Teilstrecke Transportkettenelement (TCE)
Ohne HUB-Prozesse Inklusive HUB-Prozesse
Gilt in Europa Gilt weltweit

Die einzige Unschärfe besteht aktuell bei den Vor- und Nachläufen. Denn bei den Vor- und Nachläufen transportieren die LKW der OSL-Partnerunternehmen auch Sendungen, die nicht über das Netz von Online Systemlogistik eingespeist wurden. Darum kommen hier geschätzte Werte hinzu.

Im Tagesgeschäft funktioniert die Emissionserfassung folgendermaßen: Die tagesaktuellen Sendungsdaten der Hauptläufe sowie der Vor- und Nachläufe werden von OSL erfasst und über den zentralen OSL-Account an das Kalkulationstool von Waves übermittelt. Daraus generiert die Plattform die Emissionen pro OSL-Partner und -Sendung. Jeder Partner kann die Ergebnisse für die von ihm beförderten OSL-Sendungen kostenlos einsehen, die Kosten für Datenerfassung und Emissionsauswertung übernimmt Online Systemlogistik. Darüber hinaus können die Partner gegen ein extra Entgelt auch die Erfassung und Auswertung ihrer Strecken außerhalb des OSL-Netzes über Waves vornehmen lassen. Auf Basis der ermittelten Emissionen können somit alle OSL-Partner für ihre gesamten Sendungen den CO₂-Ausstoß abrufen und für ihre Nachhaltigkeitsberichte gemäß THG-Protokoll nutzen.

Wie es die ISO 14083 vorgibt, wird OSL über die Nachhaltigkeitsplattform künftig auch den Energieverbrauch und die CO₂-Emissionen der HUBs erfassen, vom Verbrauch der Gebäude und Fahrzeuge bis hin zu den verschiedenen HUB-Tätigkeiten.

Von der Dokumentation zur Verifizierung

Unternehmen von öffentlichem Interesse, mit einer bestimmten Umsatz- oder Personalgröße sowie bilanzrechtlich große Unternehmen müssen einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen, der genau wie eine finanzielle Bilanz von externer Seite geprüft wird. Viele OSL-Partner übernehmen Logistikleistungen für Unternehmen, die zu dieser Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind. Die Emissionen der Logistikdienstleister fließen in die Berichte ihrer Kunden mit ein. Verifizierte Emissionsdaten besitzen die stärkste Aussagekraft.

Mit der professionellen Erfassung und Aufbereitung der echten Daten hat OSL die Voraussetzungen für die Verifizierung nach ISO 14083 für jedes OSL-Partnerunternehmen geschaffen. Der dafür erforderliche ISO-konforme Bericht kann aus zwei verschiedenen Perspektiven erfolgen: entweder auf der Ebene der Transport- oder Hub-Dienstleistungen oder auf der Ebene der Organisation. OSL hat sich für die Berichtsform auf der Ebene der Transport- oder Hub-Dienstleistungen entschieden.

Umweltmanagement bei Online Systemlogistik (OSL)
Bereits seit 2002 lässt Online Systemlogistik das Umweltmanagement nach DIN EN ISO 14001 zertifizieren, 2014 kam die Zertifizierung nach DIN EN 16258 hinzu. Damit entwickelte OSL bereits vor elf Jahren die Grundlage, mit der seitdem die Treibhausgasemissionen auf Basis von Echtdaten berechnet werden.

Mit dem zuständigen Verifizierungsunternehmen wurde als repräsentativer Berichtszeitraum zunächst das erste Quartal 2025 vereinbart. Für die Verifizierung wird Online Systemlogistik alle über Waves erfassten Emissionsdaten für das erste Quartal 2025 mit dem entsprechenden Formelwerk der ISO 14083 auswerten und aufbereiten. Den Bericht mit der Treibhausgaserklärung und allen relevanten Dokumenten und Nachweisen sendet OSL dann an die externe Prüfstelle. Auf dieser Basis erfolgt bei erfolgreicher Prüfung die Verifizierung; gegebenenfalls kann zusätzlich ein Vor-Ort-Audit erfolgen.

„Die sendungsgenaue THG-Erfassung ist kein Selbstzweck“, betont OSL-Projektleiterin Marcella Rennecke. „Als wir 2002 die ISO 14001 für Umweltmanagement eingeführt haben, begann auch unsere Datenerfassung, damals war vor allem der Kraftstoffverbrauch unsere Messlatte. Dank der neuen, genaueren Methoden können wir unseren Partnern nun ein weitaus besseres Werkzeug an die Hand geben, mit dem sie an der Reduzierung ihrer Emissionen arbeiten können.“

Bildergalerie

  • Die tagesaktuellen Sendungsdaten der Hauptläufe sowie der Vor- und Nachläufe werden von OSL erfasst und über den zentralen OSL-Account an das Kalkulationstool von Waves übermittelt.

    Die tagesaktuellen Sendungsdaten der Hauptläufe sowie der Vor- und Nachläufe werden von OSL erfasst und über den zentralen OSL-Account an das Kalkulationstool von Waves übermittelt.

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  •  Jeder Partner kann die Ergebnisse für die von ihm beförderten OSL-Sendungen kostenlos einsehen, die Kosten für Datenerfassung und Emissionsauswertung übernimmt Online Systemlogistik.

    Jeder Partner kann die Ergebnisse für die von ihm beförderten OSL-Sendungen kostenlos einsehen, die Kosten für Datenerfassung und Emissionsauswertung übernimmt Online Systemlogistik.

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  • Die Berechnungen von Waves sind TÜV-zertifiziert, basieren auf der Norm ISO 14083 und erfüllen die aktuellen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD).

    Die Berechnungen von Waves sind TÜV-zertifiziert, basieren auf der Norm ISO 14083 und erfüllen die aktuellen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD).

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