MAN Truck & Bus und die Spedition Dettendorfer testen derzeit den nächtlichen Einsatz von vollelektrischen Lkw auf einer Brennerroute zwischen Raubling und Bozen. Dank der bestehenden Ausnahme vom Nachtfahrverbot auf der A12 (Inntal-Autobahn) dürfen E-Trucks im Gegensatz zu Diesel-Lkw nachts fahren. „Ziel des Pilotprojekts sei, „die Verkehrsflüsse am Brenner zu entzerren, Staus zu vermeiden, CO2- und Lärm-Emissionen zu senken und die Versorgungssicherheit zu erhöhen – insbesondere in der Ferienzeit“, teilen beide Projektpartner mit.
„E-Lkw können ein wichtiger Teil der Lösung für den alpinen Güterverkehr auf der Brennerroute sein. Wenn wir die Verkehrswende ernst nehmen, müssen wir auch den Straßengüterverkehr nachhaltiger gestalten. Der nächtliche Einsatz von E-Trucks zeigt: Weniger CO₂, weniger Lärm und eine bessere Ausnutzung der Infrastruktur sind möglich. Das ist ein wichtiges Signal für grüne Nutzfahrzeug-Korridore in ganz Europa. Jetzt kommt es auf einen konsequenten, grenzüberschreitenden Ausbau der Ladeinfrastruktur an”, sagt Christian Bernreiter, Bayerischer Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr.
Wettbewerbsvorteil für Speditionen – Planbare Lieferketten
Der „Nachtsprung“ mit E-Trucks über den Brenner ist grundsätzlich seit 2021 möglich. Für den Fernverkehr mangelte es bislang jedoch an einer breiten Fahrzeugverfügbarkeit und an Ladeinfrastruktur. Mit dem MAN E-Truck, der seit Juni 2025 in München in Serie produziert wird, lassen sich Tagesreichweiten von bis zu 800 km mit einer Zwischenladung im Winter wie im Sommer problemlos realisieren. Dank der Ausnahme vom Nachtfahrverbot auf der Inntal-Autobahn (A12) in Tirol kann der vollelektrische Lkw nachts grenzüberschreitend auf der gesamten Strecke zwischen Deutschland und Italien verkehren – etwa von München nach Verona oder von Rosenheim über den Brenner nach Bozen und zurück.
Damit erschließen E-Trucks Routen, die mit Diesel-Lkw aufgrund der nächtlichen Fahrverbote bislang nicht mehr realisierbar waren – ein echter Fortschritt für effiziente, leise und emissionsfreie Nachtlogistik im Alpenraum und besonders interessant für Transporte in der Kühl- und Pharmalogistik oder bei zeitkritischen Lieferketten. So entlasten E-Trucks die Brennerroute in verkehrsarmen Nachtstunden. Eine Modellrechnung zeigt, dass bereits 300 in der Nacht eingesetzte E-Trucks die Blockabfertigung am Tag in Kufstein um bis zu eine Stunde reduzieren können. Gleichzeitig leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz: Jeder E-Truck spart im Schnitt rund 95 Tonnen CO₂ pro Jahr ein – bei einer jährlichen Fahrleistung von 110.000 km. Schon bei 300 Fahrzeugen täglich ergibt sich ein jährliches Einsparpotenzial von bis zu 28.000 Tonnen CO₂, was dem Ausstoß einer Kleinstadt entspricht.
„Elektrische Schwerlastlogistik revolutioniert den Straßengüterverkehr – selbst unter anspruchsvollsten topografischen Bedingungen, die in alpinen Regionen vorherrschen. Mit diesem Projekt zeigen wir, dass vollelektrische Lkw nicht nur praxistauglich sind, sondern unter anderem durch Rekuperation und die Möglichkeit nächtlicher Transporte neue Maßstäbe in Effizienz, Nachhaltigkeit und Verkehrssteuerung setzen. Politik und Industrie müssen Hand in Hand arbeiten, um emissionsfreie Logistik flächendeckend Realität werden zu lassen“, sagt Dr. Frederik Zohm, Vorstand Forschung & Entwicklung bei MAN Truck & Bus.
E-Trucks am Brenner: Wirtschaftlich, Verkehr entlasten, Klima schützen
Der Betrieb von elektrisch betriebenen Lkw auf der Brennerroute ist nicht nur zur Vermeidung von Blockabfertigung und Stau sinnvoll, sondern auch unter ökonomischen Aspekten. Bei einer Jahreslaufleistung von über 110.000 Kilometern auf deutschen Autobahnen ergibt sich eine Mautersparnis von über 60.000 Euro pro Fahrzeug und Jahr – ein klarer wirtschaftlicher Vorteil für den Einsatz batterieelektrischer Lkw. Die 100-prozentige Mautbefreiung gilt dabei aktuell ausschließlich in Deutschland. Erst kürzlich hatte EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas empfohlen, die bisher bis Ende 2025 befristete Mautreduzierung für E-Trucks bis Mitte 2031 auszudehnen. Ziel ist es, die Investitionssicherheit für Logistikunternehmen zu erhöhen und den Umstieg auf E-Mobilität zu beschleunigen.
In anderen Ländern gelten abweichende Regelungen: Auf der A13 in Österreich werden E-Trucks insbesondere nachts mit bis zu 75 Prozent weniger Maut belastet. In Italien hingegen gibt es auf der Route über den Brenner nach Bozen nur marginale Unterschiede in der Maut zwischen Diesel- und E-Lkw.
Über eine Laufzeit von drei Jahren, einem typischen Einsatzszenario von Lkw in der Logistik, trägt die Mautersparnis des E-Trucks zu einem Gesamtkostenvorteil (Total Cost of Ownership) von über 15 Prozent gegenüber mit Diesel betriebenen Fahrzeugen auf der Brennerroute bei. Neben den geringeren Mautgebühren tragen vor allem niedrigere Energie- und Wartungskosten, die Befreiung von der Kfz-Steuer und die zunehmend verfügbare Ladeinfrastruktur entlang der Route zur Wirtschaftlichkeit bei. Beispielhafte Ladeszenarien zeigen: In Raubling kann nachts zu rund 0,41 Euro/kWh, in Bozen zu etwa 0,38 Euro/kWh geladen werden. Zudem steigt die Rekuperation auf der bergigen Strecke auf bis zu 40%. Während bei Diesel-Lkw Bremsenergie ungenutzt verloren geht, speichert der E-Truck diese als Strom zurück in die Batterie – ein Effizienzvorteil.
Reduzierte Lärmbelastung – Gewinn für Anwohner und Umwelt
Batterieelektrische Lkw reduzieren zudem die Lärmemissionen im Vergleich zu Diesel-Lkw erheblich. In akustischen Tests wurde der E-Truck bei beschleunigter Anfahrt als rund halb so laut wahrgenommen wie ein herkömmlicher Diesel. Konkret ergibt sich eine Pegeldifferenz von rund zwölf Dezibel. In etwa entspricht dies dem Unterschied zwischen einer Hauptverkehrsstraße und einer ruhigen Straße in einem Wohngebiet. Ein echter Gewinn für die Anwohner und die Umwelt an der Brennerroute.
Dettendorfer als Logistikpartner mit Pionierrolle
„Für uns ist klar: Wenn wir den Wandel zur klimafreundlichen Logistik schaffen wollen, brauchen wir Lösungen, die im Alltag funktionieren – über Landesgrenzen hinweg und ohne Einschränkungen beim Serviceversprechen“, sagt Georg Dettendorfer, Geschäftsführer der Spedition Dettendorfer. Die familiengeführte Spedition Dettendorfer mit Sitz in Raubling gilt als Vorreiter in der nachhaltigen Logistik. Als langjähriger Innovationspartner von MAN testet Dettendorfer seit mehreren Jahren alternative Antriebe im Realbetrieb – nun erstmals auch im grenzüberschreitenden Nachteinsatz. Dabei spielt auch die Dettendorfer Energy GmbH als „First Mover“ und wichtiger Partner beim Projekt eine zentrale Rolle – durch den Aufbau von Ladeinfrastruktur für den Güterverkehr in Ober- und Niederbayern sowie in Tirol.
Über MAN Truck & Bus
MAN Truck & Bus ist einer der führenden europäischen Nutzfahrzeughersteller und Anbieter von Transportlösungen mit jährlich rund 13,7 Milliarden Euro Umsatz (2024). Das Produktportfolio umfasst Lkw und Busse mit Diesel- und Zero-Emission-Antrieben, Transporter, Diesel- und Gasmotoren sowie Dienstleistungen rund um Personenbeförderung und Gütertransport. MAN Truck & Bus ist ein Unternehmen der TRATON GROUP und beschäftigt weltweit ca. 33 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.