Das Thema Nachhaltigkeit ist nicht neu und wird seit Jahren oder Jahrzehnten intensiv diskutiert. Was sich aber ändert, ist, dass sich nachhaltiges Handeln dank moderner Technologien und einer europaweit wachsenden Infrastruktur wirtschaftlich rechnet. Mehr noch: Nachhaltigkeit sprich Energieeffizienz, Nutzung regenerativer Energien etc. ist bereits heute ein echter Wettbewerbsvorteil und überzeugt selbst strengste CFOs.
Wie sich solche Vorteile mit dem Einsatz vollelektrischer Lkw konkret erwirtschaften lassen, darüber sprach Dr. Christian Schmidt, Director Technology bei Siemens Digital Logistics, in seiner Keynote „eLogistics – auf dem Weg zum klimaneutralen Lieferverkehr“. So rechnete er vor, dass ein moderner Elektro-Lkw aufgrund des höheren Wirkungsgrades des Elektroantriebs weniger als die Hälfte der Energie eines vergleichbaren Verbrenners verbraucht. Die Betrachtung von „Well-to-Wheel“ zeige, dass die Energiebilanz von E-Lkw insbesondere bei Nutzung erneuerbarer Stromquellen deutlich besser ist als die von Diesel- oder gar Wasserstoff-Lkw.
Intelligent verbrauchen
Weitere entscheidende Faktoren seien Reichweite und Ladeinfrastruktur. Während eine klassische Ladestation nur geringe Reichweitenzuwächse pro Stunde erlaubt, machen moderne Schnelllader und Megawatt-Charger längere Touren möglich. Bei intelligentem Wechsel zwischen Fahren und Laden sind Tagesreichweiten von über 1.000 Kilometern realistisch vorausgesetzt, das Laden ist während der Standzeiten möglich.
Auch ließen sich Stromkosten bei intelligentem Verbrauch erheblich reduzieren. Wer nur bei Spitzenlasten lädt, zahlt deutlich mehr als bei gleichmäßigem Lastprofil. Öffentliches Laden kann bei einem günstigen Vertrag etwa 40 Euro pro 100 Kilometer kosten, Ad-hoc-Laden hingegen bis zu 84 Euro dann wirkt der E-Lkw deutlich teurer. Im Vergleich zum Diesel-Lkw, dessen Kosten mit Maut etwa 74 Euro pro 100 Kilometer betragen, können bei optimaler Planung die entfernungsabhängigen Kosten eines E-Lkw auf ein Viertel sinken. Zudem schwanken die Strompreise über den Tag stark: Wer flexibel lädt, spart bis zu 46 Prozent gegenüber einem festen Ladezeitpunkt. Eine PV-Anlage auf dem Depotdach senkt die Kosten weiter, da für Eigenverbrauch keine Netzentgelte und bestimmte Umlagen anfallen. Batteriespeicher ermöglichen, günstigen Strom zu speichern und zu teuren Zeiten zu nutzen.
Die KI ist entscheidend
Entscheidend für die Optimierung ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz: Sie ermittelt die beste Kombination aus Fahrzeugen, Ladestationen, Netzanschluss und Solaranlage. In einem Beispieldepot mit 20 Nachläufen und bisher 20 Verbrenner-Lkw empfiehlt die KI etwa 10 Verbrenner- und 10 Elektro-Lkw, zwei Schnellladestationen, eine Langsamladestation, eine 100-Kilowatt-PV-Anlage und einen Netzanschluss von rund 520 Kilowatt. Damit würden die Gesamtkosten auf etwa ein Drittel des Verbrennerszenarios gesenkt.
Große PV-Anlagen und Einspeisung ins Netz können aus einem „Kostencenter“ ein „Profitcenter“ machen allerdings mit hohen Kapitalinvestitionen, die über eingesparte Betriebskosten refinanziert werden müssen. Der Return on Invest liegt bei optimaler Planung bei etwa zwei bis fünf Jahren.
Ökologie muss ökonomisch Sinn machen
Die zweite Keynote steuerte Marcel Narejkis bei, Geschäftsführer von PamSun. Dabei handelt es sich um eine Marke der TST Gruppe, unter der der Logistikdienstleister ein bundesweites Schnell-Ladenetzwerk für Elektro-Lkw aufbaut. Narejkis betonte, dass viele Unternehmen Nachhaltigkeit zwar als Prestigeobjekt nutzen, aber oft nur wenig wirkliche Veränderung bewirken: „Vielleicht ist es auch nur Schmuck am Nachthemd. Sieht gut aus, bringt aber nichts.“
Anhand von Fallbeispielen verdeutlichte er, dass oft schon kleine Maßnahmen, wie das gezielte Tracken von Energieverbrauch oder die Optimierung von Beleuchtung, zu Einsparungen von bis zu 62 Prozent führen können. Dabei müsse Nachhaltigkeit langfristig gedacht werden: „Wer glaubt, dass er mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage oder mit der Errichtung von Ladeinfrastruktur relativ schnell das Geld wieder rausbekommt, der wird vielleicht an der einen oder anderen Stelle enttäuscht.“ Sein Appell: Nachhaltigkeit muss in den operativen Prozessen verankert werden, um echte Effizienz und Kostensenkung zu erreichen – und nicht nur als Imageprojekt dienen.
ESG bietet echte Chancen
Im abschließenden Panel ging es um die Rolle „Politik & Regulatorik“. Dabei wurde die zunehmende Bedeutung von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) mehrfach thematisiert. Wer ESG nur als lästige Berichtspflicht versteht, verpasse laut Jan-Frederik Konerding, ESG-Lead bei KPMG, „echte Chancen“. Stattdessen müsse Nachhaltigkeit in Geschäftsmodelle integriert werden, um Resilienz und Zukunftsfähigkeit zu sichern. Die Regulatorik treibt diesen Prozess voran, führt aber auch zu Bürokratie und Unsicherheit: „Wir schaffen wieder einen Stapel Bürokratie ab und bauen auf der anderen Seite einen neuen auf“, kritisierte Alexander Handschuh, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, und forderte mehr Verlässlichkeit bei den Rahmenbedingungen.
Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen ist Nachhaltigkeit eine besondere Herausforderung, da oft Kapazitäten und Ressourcen fehlen. Dennoch wird klar: Wer sich nicht anpasst, riskiert, vom Markt abgehängt zu werden. „Wer sagt, wir wissen nicht, wie wir das machen sollen, der hat den Kern von Nachhaltigkeit nicht verstanden“, so Konerding.
Einigkeit bestand darin, dass Nachhaltigkeit heute eine Frage der Zukunftsfähigkeit ist. Unternehmen und Kommunen müssen sich anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.